[Contest & Story] Was gestern war

Der kleine Teladi aus dem X-Universum hat Gesellschaft bekommen - hier dreht sich jetzt auch alles um das, was die kreativen Köpfe unserer Community geschaffen haben.

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Guest

[Contest & Story] Was gestern war

Post by Guest » Sat, 3. Sep 05, 22:48

Hallo Welt.
Diese metapherträchtige Geschichte wurde zu einem Wettbewerb im Atelier auf http://www.latelier.de.vu/ verfasst. Der Wettbewerb läuft noch bis zum dreißigsten September, solange können noch Beiträge eingereicht werden. Schaut mal rein und nehmt teil, es gibt auch etwas zu gewinnen. ;)

Was gestern war
Der Tag, an dem alles begann ...

„Guten Morgen ihr finster dreinblickenden Schlafmützen! Heute ist Montag und Leroy Jordan spricht euren Weckruf! Es ist fünf Uhr. Die Nachrichten: Preiserhöhung und Gehaltssenkung ...“
Ein Schrei hallte durch das Schlafzimmer, es knallte, der Wecker flog im hohen Bogen durch den Raum und gegen die Wand, zerschellte laut und sprühte seine technologisch hochentwickelten Innereien durch den Raum. Nachdem all das metallene Schallen und Klimpern nachgelassen hatte herrschte wieder Stille, es ließ sich lediglich vernehmen, wie jemand beruhigt seufzte und dann in seine Kissen sprang.
Seine Name war John Freeman und er war nicht irgendjemand, nein, er war ein Soldat der Erdallianz und diente hier oben, hoch über den Wolken, in der orbitalen Raumstation der Erde, die aus unerfindlichen Gründen mit O.R.E. abgekürzt wurde.
Er kuschelte sich tief in seine Kissen und versuchte, die Welt um sich herum zu ignorieren.
„Gefreiter John Freeman“, hallte eine notorisch metallene Stimme durch den Raum. Der Stationscomputer. „Ihnen wurden soeben vierzig Dollar vom Gehalt abgezogen, um den Wecker ersetzen zu können.“
„Halt´s Maul.“
„Gefreiter John Freeman“, wiederholte sich die Maschine, die, so hoffte John, bald ersetzt wird und in ewiger Qual in der Hölle schmort. „Sie haben zum Dienst anzutreten. Wachen sie auf.“
Ein schriller Ton donnerte dreimal durch das Zimmer und ließ den Soldaten zittern. Er warf sich die Decke über den Kopf und hielt seine Ohren zu. Grausame Welt ...
Langsam erhob sich sein Bett in ungefähr einen Meter Höhe, um dann ohne Vorwarnung um neunzig Grad zu kippen und ihn auf den harten Metallboden purzeln zu lassen. Nach der unfreiwilligen Rolle blieb er rücklings liegen und hoffte auf besseres Wetter.
Das durch eine anspringende grelle Leuchte gegeben wurde.
„Waah!“ Er drehte sich auf den Bauch und versuchte die Augen wieder zu schließen, aber langsam, das musste er zugeben, wurde er wach. So wie jeden Morgen seit zwei Monaten erwachte er in einer Welt, in die er nicht gehörte, die er trotz aller Bemühungen nicht verlassen konnte.
Er erhob sich stöhnend und blinzelte vorsichtig, bis sich die Augen einigermaßen an das Licht gewöhnt hatten. Sein Schlafzimmer bestand, um es kurz zu sagen, aus einem Waschbecken mit Spiegel, einem Bett, einem militant angehauchten Metallschrank sowie einer Tür.
Er drehte das Wasser auf und sah auf die Uhr. Er drehte es ab und riss die Tür auf, die durch den Schwung hinter ihm wieder zuknallte. Wie gut, dass er in Arbeitskleidung schlafen gegangen war.
„Moin Moin“, rief er im Rennen, ohne zu wissen, ob sich irgendwer im Korridor angesprochen fühlte, zum Umsehen blieb keine Zeit. Er erreichte Ebene Drei, die er zu überwachen hatte, und rannte durch die Lichtschranke. In Sekunden wurden seine biometrischen Daten erfasst.
„Gefreiter John Freeman“, hallte eine wohlbekannte Stimme. „Sie sind über drei Sekunden zu spät. Ihnen wurden soeben zwanzig Dollar vom Gehalt abgezogen.“
Er stolperte über ein ‚Vorsicht, nasser Boden’-Schild und rutschte bis hin zu einer dünn und brüchig wirkenden Glaswand, die jedoch keinen Kratzer aufwies und ihn sicher von der Schwärze des Weltraums trennte, aber auch von den Sternen. Die Nachricht des Stationscomputers hatte er kaum vernommen, aber er würde noch per Mail, Pieper und Telefon darüber benachrichtigt werden.
Er stand auf und wandte sich vom endlosen schwarzen Weltraum ab.
Links von ihm befand sich ein endloser, leerer und trostloser Korridor voller schwerer metallener Türen und in regelmäßigen Abständen platzierten Feuerlöschern und Müllkörben.
Rechts von ihm befand sich ein endloser, leerer und trostloser Korridor voller schwerer metallener Türen und in regelmäßigen Abständen platzierten Feuerlöschern und Müllkörben. Einige der Müllkörbe schienen überfüllt, einer war aufgeplatzt und hatte seinen unappetitlichen Inhalt über den billigen blauen Teppich ausgebreitet, der als einziges halbwegs weiches Ding die hiesige Umwelt zierte.
Vor sich hatte er den Ausblick auf einen endlosen, leeren und trostlosen Korridor voller schwerer metallener Türen und in regelmäßigen Abständen platzierten Feuerlöschern und Müllkörben.
Und vorne rechts fehlte eine Ecke zwischen zwei Korridoren, in die man seinen Schreibtisch, seinen Aktenschrank und seinen Drehstuhl gestellt hatte, letzterer war jedes Mal quietschvergnügt, wenn man sich auf ihn setzte.
John setze sich. Er quietschte vergnügt. John nicht.
Der veraltete Computer wurde angeworfen und der Röhrenmonitor eingeschaltet. Joh sah am Bildschirm vorbei durch das Glas zu den Sternen, wurde aber gleich wieder vom Computer abgelenkt. Sofort flackerten zwei Fenster auf: Mails und Arbeitsaufträge. Er schaute sich kurz die Arbeitsaufträge an und durfte feststellen, dass er heute derjenige war, der den Müll zu beseitigen hatte. Keine Freude.
Er minimierte das Fenster und sah sich die Mails an. Nachdem der Spam und die Mahnungen beseitigt waren, blieben nur noch drei übrig.
In der ersten wurde er von seinem Vorgesetzten zum Golfen eingeladen – als Caddy.
In der zweiten machte seine Freundin mit ihm Schluss.
In der dritten teilt ihm sein bester Freund mit, dass er eine neue Freundin habe. Mitgesendete Bilder bestätigten Johns Verdacht. Seine Hände zitterten und er starrte mit verschieden großen Augen und gefährlich gekräuselten Augenbrauen auf den Bildschirm. Gewalttätig griff er nach seinem Müllbeutel, warf beim Aufstehen den Drehstuhl um und wollte nun wütend zur Tat schreiten. Sein Drehstuhl zerfiel in Einzelteile, die herumrollten und so fielen, dass sie einen grinsenden Smiley ergaben. Eine Ader an Johns Schädel wurde überraschend stark sichtbar. Er sprang auf und trat in das Gesicht am Boden, kickte die Teile umher und warf dabei den Tisch um. Der Bildschirm zersprang am Boden, die Rollmaus rollte von dannen, die Tastatur verlor ihre Buchstaben, die durch die Gegend flogen und ein paar Meter dahinter das Wort ‚Nerd’ legten.
John lief rot an. Er versuchte sich gezwungen zu beruhigen, kniff die Augen zu und zählte im Stand und im Geiste langsam bis zehn. Langsam, aber sicher ...
„Gefreiter John Freeman“, sagte der Stationscomputer.
John öffnete ein Auge, die Lider zuckten.

„Gemütlicher Morgen“, gähnte ein Offizier nicht weit entfernt in seinen Kaffee und stempelte mit der anderen Hand blind die Papiere, die die Degradierung eines gewissen Gefreiten Freeman vorsahen.
Ein Schrei gellte plötzlich durch die Station, der Offizier zuckte zusammen und schüttete den Kaffee in seinen Schoß, wo er sich langsam einbrannte und vor sich hin brühte. Ein weiterer Schrei.
Die Sekretärin riss die Tür zu seinen Büro auf und starrte den Offizier an, der gekrümmt am Boden lag. Eine ungesund wirkende Flüssigkeit breitete sich um ihn aus – war er etwa angeschossen oder vergiftet worden?
„Gefechtsalarm!“, schrie die Sekretärin und schlug auf einen roten Knopf unter ihrem Tisch. „Gefechtsalarm! Attentäter!“

John atmete schwer, hatte sich kaum von seinem Schrei erholt. Er klammerte sich am Müllbeutel fest, der sofort in zwei Teile zerriss. Endlich etwas absichtlich demoliert, es ging ihm schon besser ...
Kleine Plättchen an der Decke klappten aus und brachten rote Lampen zum Vorschein, die rot aufblinkten und sich schnell im Kreis drehten. Rotes Licht flackerte an den Wänden und durch Johns Augen.
„Gefechtsalarm“, rief der General durch das interne Kommunikationssystem – Lautsprecher waren an allen Ecken und Enden vorzufinden, ebenso Mikros und Miniaturkameras. Kein Winkel ohne Kontrolle. „Alle Mann an die Waffen, wir haben Saboteure an Bord! Nehmen sie jeden fest, der merkwürdig wirkt!“
Zwei Soldaten kamen an Johns Arbeitsstation vorbei. Allerlei Kleinteile waren über den Boden verbreitet und er hatte in jeder Hand einen halben Müllbeutel.
Sie rissen die Gewehre hoch.
„Auf den Boden!“
John brach zusammen.

Erst wenige Stunden später erwachte er und wurde direkt zu einem befehlshabenden Offizier geschleift, wo er ein Verhör über sich ergehen lassen musste. Er hatte selten schlechtere Laune gehabt als heute.
„Kann ich nicht kündigen?“, fragte er schließlich bitter nach einer halben Stunde, in der er dem Offizier von seinem Leben erzählt und einige obskure Tintenkleckse gedeutet hatte.
„Nein“, sagte der Offizier.
Natürlich kann ich nicht kündigen, dachte er sich, denn er war auf viele Jahre an den Dienst gebunden.
„Sie können nicht kündigen“, sagte der Offizier abermals. „Denn sie sind gefeuert. Unehrenhaft entlassen. Vom Dienst suspendiert. Was auch immer, verschwinden sie. Wir können keine schwachen Glieder in der Kette gebrauchen.“
John schreckte zurück. Entlassen ... jetzt hatte er gar nichts mehr.


Das alles ist bereits einen Tag her. Mittlerweile hatte man ihn mit einer Transportfähre auf die Erde gebracht und mitten in einer Großstadt ausgesetzt. Da stand er nun, mit einem Ausweis, einer minimalen Abfindung und ein paar Sachen zum Anziehen auf einer hohen Brücke, die über die Hauptstraße führte. Nichts war ihm geblieben, weder sein Geld noch seine Liebe, weder die Karriere noch eine Heimat. Er kramte in seinen Taschen und holte seinen Ausweis hervor. Eine kleine ID strahlte ihm entgegen. Der Code, dem er bisher gefolgt war.
Er lehnte sich über das Brückengeländer und sah nach unten. Die schnellen Frontlichter der Autos schossen hin und her, ziellos über die festgelegten Straßen. Nur wenige gingen durch die Nacht, die meisten versteckten sich daheim in ihren Betten, so wie er einst. Links und rechts türmten sich gigantische Wolkenkratzer auf, die immer höher strebten, immer mehr wollten. Über ihm erstreckte sich der dunkle Nachthimmel, von vielen Wolken bedeckt, zwischen denen ihm die Sterne entgegenfunkelten, wie einst auf der Station. Doch diesmal gab es keine Glasscheibe, die ihn trennen sollte – diesmal gab es nur ihn und das Licht in der Ferne.
Ein Sturz.
Matt fiel der Ausweis auf die Hauptstraße hinab, wand sich oft in der Luft, wurde vom Wind hin und her geschlagen, prallte schließlich auf den nassen und kalten Asphalt auf und wurde im Laufe der Nacht langsam in Richtung Kanalisation gespürt.
John stützte sich mit seinen Ellenbogen auf das Brückengeländer, seine Hände vor ihm gefaltet, der eine Fuß stütze ihn, der andere war darüber gelegt. Er sah nach vorn, dorthin, wo in einigen Stunden die Sonne aufgehen würde. Der frische und kühle Wind ließ ihm einige Regentropfen ins Gesicht springen, die sich sanft mit den Tränen vermischten.
John lächelte.
Er war frei.

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Post by Xanatos » Sat, 3. Sep 05, 23:08

John Freeman?

Äh, hast du mal einen Nickwechselvollzogen? :D
(sorry, sowas bekomm ich nie mit :roll: )
Star Citizen oder X4:FOUNDATIONS? Warum nicht beides?!

Guest

Post by Guest » Sat, 3. Sep 05, 23:19

Aye, ich bin Mayor Dennis. :)
Ich hatte meinen Nick nach dem Wechsel noch eine Zeit lang in der Signatur und dachte, dass es alle mitbekommen hätten.
Nyo, jetzt weißte es auch. ^^

Xanatos
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Post by Xanatos » Sat, 3. Sep 05, 23:31

Jup, bin ein großer Fan von deinen Geschichten und diese hat mich natürlich gleich an das Anfangskapitel von VICTORIA erinnert :)


Hab VICTORIA II aber leider nie gelesen :oops:
Star Citizen oder X4:FOUNDATIONS? Warum nicht beides?!

Guest

Post by Guest » Sat, 3. Sep 05, 23:35

Hat auch gewisse Ähnlichkeiten mit dem ersten Kapitel.
John Freeman, so dachte ich mir, ist Steve Freemans Vater, und da kann man ja auch gleich ein klein wenig über sein Leben posten und Parallelen ziehen. ^^
Ach ja, hier ist eine Liste meiner Geschichten, wenn du mal zu viel Zeit hast, kannst du dich da umsehen. ;)

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