[Story] Sowas wie Urlaub

Der kleine Teladi aus dem X-Universum hat Gesellschaft bekommen - hier dreht sich jetzt auch alles um das, was die kreativen Köpfe unserer Community geschaffen haben.

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Guest

[Story] Sowas wie Urlaub

Post by Guest » Fri, 22. Jul 05, 20:06

Rock-die-Bude GmbH präsentiert:
Eine Farmer Fran und Lord Fluffinger aka Snowsorrow Produktion

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Heute:

Kapitel I.
Der Beginn einer voraussichtlich langen Reise

Savid, ein junger Mann, der wohl um die zwanzig Jahre alt sein mochte, kniete flehend im Matsch vor seiner einstigen Behausung, einer relativ großen und fein möblierten Holzhütte. Es donnerte, regnete in Strömen, doch trotzdem erlosch das Feuer nicht, das sein Haus langsam aber sicher auf die Grundmauern hin abnagte. Savid wusste nicht, was er tun sollte. Er lebte hier schon einige Zeit lang als Förster am Rande des Waldes, bis die Feuerwehr hier wäre würde es zu lange dauern.
Dabei hatte alles so harmlos begonnen.
Er hatte doch nur im Wohnzimmer grillen wollen ...
Nun hatte er nichts mehr als die Kleidung am Leib, seine Börse und die Hausschlüssel. Er war am Rande der Verzweiflung ... was sollte er jetzt tun? Trauernd schlurfte er los, in Richtung des Dorfes, in dem seine Eltern lebten. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig ...
Langsam verzogen sich die Gewitterwolken, als er relativ unzufrieden – schließlich war soeben sein Haus mitsamt seines Steaks niedergebrannt – über Hügel und Täler zog. Es war schon ein wenig erleichternd, einfach so zu gehen, ohne etwa eine Säge oder Holz zu schleppen. Es machte ihm geradezu Spaß. Warum hatte er früher nie einfach mal eine Wanderung unternommen?
Savid atmete tief ein und versank glücklich im nassen Gras. Sanft kitzelte der Wind an seiner Nase und brachte ihn zum Niesen. Eine Zeit lang beobachtete er die Wolken beim Vorbeistreifen und versuchte Gestalten zu erkennen. Sein Vater hatte ihm vor langer Zeit erzählt, dass die Wolken die Geschichten der Ahnen wie in einem Bilderbuch erzählen, weshalb auch jeder etwas anderes am Himmel erkennen konnte. Angestrengt versuchte Savid etwas herauszulesen, doch das einzige, was er erkennen konnte, war ein alter Mann, der auf einem Schwein ritt.
„Wenn ich über meine Großväter nachdenke, bekomme ich das dringende Bedürfnis auf einem Schwein zu reiten“, murmelte er und rappelte sich auf. „Familienstolz ...“
Zufrieden ob der Freiheit, unzufrieden ob der Erkenntnis über seinen Stammbaum zog er weiter. Savid musste sich nun durch Brusthohes Gras kämpfen. „Wie ich diese Erdvertiefungen hasse. Gerade noch locker gehen, jetzt nass durch grüne Monster kämpfen“, ächzte er und schob mit den Händen die riesigen Halme bei Seite. Das Gras war hier ungewöhnlich hoch, dicht und breit; es hatte allgemein alle Eigenschaften, die es ihm ermöglichten im Weg zu stehen.
Unterwegs hob er einen abgestorbenen Ast von der Erde auf und bediente sich seiner fortan als Wegbegleiter und Wanderstab; nicht etwa, weil er etwas davon nötig gehabt hätte, nein, er hielt es einfach nur für ein stilistisch notwendiges Mittel.
Fröhlich summend streifte er durch die verwucherte Hügellandschaft, während das mittlerweile nur noch kniehohe Gras seine Hosen durchnässte. Die unberührte Landschaft wurde von einigen Liobäumen geziert, deren Stämme sich ab der Mitte abkringelten und so einen Kreis formten, der oft von Grasnymphen als Brutplatz gehalten wurde. Bei diesen humanoiden und etwa handgroßen Geschöpfen handelte es sich um zickige und lästige Tiere, die sich oft an Fenstern ansiedelten und sich von dort nur schwerlich wieder vertreiben ließen. Savid hatte mal eine solche Nymphenfamilie in einem seiner Fenster gehabt, und hatte nach vergeblichen Debatten und einigem Geklimper auf seinem Banjo, das nun wie sein Haus der Erde gehörte, aufgegeben sie zu verscheuchen und sie schließlich als Mitbewohner akzeptiert. Immerhin brachten die Grasnymphen einen wunderbaren honigähnlichen Nektar, wenn man es schaffte sie zu packen und auszudrücken. Sie gingen dabei zwar drauf, doch aufgrund der schnellen Fortpflanzung dieser Plagegeister ließen sich jeden Tag problemlos zwei neue Exemplare vorfinden.
Sie wurden von Savid mit Kissen gefüttert. Vergaß man dies, so konnte man sie bald beim Einverleiben von Matratzen beobachten.
Savid schlich vorsichtig an den weißen Liobaum heran und hob langsam seine rechte Hand, die wie gewöhnlich in einem fingerlosem Handschuh steckte, und griff nach einer Nymphe. Er erwischte sie und hob sie triumphierend in die Luft. Das Mistvieh hämmerte seine Zähne in Savids Finger und er warf es schreiend davon.
„Argh, ich hasse euch.“ Resignierend und hungrig wendete er sich ab und marschierte weiter den Hügel hinauf. Oben angekommen holte er tief Luft und blickte hinunter, wo er nach einem Abstieg von einigen Minuten die ersten Häuser eines Dorfes sehen konnte. Savid lächelte. Er mochte seinen Geburtsort, der Ruhe, Idylle und Harmonie ausstrahlte, wie es nur ein Dorf voller Schirmhäuser tun konnte.
Die Menschen hatten die riesigen Stämme der Bäume genutzt und die Baumkronen abgesägt, um schließlich unglaubliche Schirme hinaufzustellen, welche die Häuser, die größtenteils nur aus zusammengehämmerten Brettern bestanden, vor der stechenden Sonne, aber auch vor Schnee und Regen schützen sollten. Die Menschen machten die Dekoration ihrer Wohnungen zu einer Art Regionalsport, wer die auffälligste Bemalung und die ausgefallensten Accessoires an der Fassade hatte, war Präsident. Schon aus der Ferne sah Gorsta aus wie eine Schüssel voller Pralinen – bunt und einfach fröhlich. Doch etwas war anders als sonst, als Savid summend den Hügel hinunter stieg.
Last edited by Guest on Tue, 4. Oct 05, 20:21, edited 1 time in total.

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Samuel Creshal
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Post by Samuel Creshal » Fri, 22. Jul 05, 20:16

meeeehr :) Mehr fällt mir dazu nicht ein...

Guest

Post by Guest » Fri, 22. Jul 05, 20:20

Ok.

Heute Doppelfolge:

Kapitel II.
Stan Sterling

Stan war nicht wie die anderen, er war es nie gewesen. Er war jemand mit Visionen. Bei seiner aktuellen Vision handelte es sich um ein dreirädriges Gefährt mit einer Flügelspannweiter von dreißig Metern, angetrieben durch Pedale. Und dieses Gefährt stand nicht irgendwo, es stand auf einer Klippe, zu deren Füßen das Tal begann, in der das äußerst liebreizend kitschig bunte Dorf Gorsta vorzufinden war.
Stan war auch nicht irgendwie gekleidet, er trug das, was man eines Tages eine Pilotenbrille nennen würde, zumindest nach seinen eigenen Angaben. Ursprünglich war es keine Pilotenbrille, er war schlicht blind wie ein Maulwurf und hatte sich das günstigste Brillengestell besorgt; wie es aussah hatte er ohne Brille nicht begutachten können.
Allerdings, das muss man ihm lassen, war er für seine fünfundsiebzig Jahre gut erhalten und trotz allem immer noch lebendig. Er hatte in seinem Leben sehr viele Erfindungen gemacht und einiges an Experimenten an sich selbst durchgeführt, nicht zuletzt deshalb war er senil und konnte sich nur noch an die wenigsten seiner Erfindungen erinnern.
Er zog seine synthetischen fingerlosen Lederhandschuhe an, warf sich seinen blassrosafarbenen Schal um und klappte die Fliegerbrille herunter, zupfte sein Hemd in Position und überprüfte den Sitz der zerrissenen blauen Stoffhose. Man hätte ihn für einen Mathematiker auf Drogen halten können, rein äußerlich betrachtet.
Mutig setzte er sich in sein selbstgebautes Gefährt. Viele nannten es Flugzeug, er nannte es Flugding, was er für viel passender hielt, da es die Maschine besser beschrieb. Er trat in die Pedale, das Gefährt gewann an Geschwindigkeit, immer schneller ging es voran, dann fiel es von der Klippe, erst senkrecht, dass diagonal, dann schaffte er es in die Horizontale. Fahrtwind blies ihm ins Gesicht, er lachte, er hatte es geschafft, er glitt durch die Luft, das gesamte hintere Antriebsgestell wurde ausgeklinkt und zerschellte am Boden, nur der Flugkorb und die Flügel reisten weiter durch die Luft.
Das Tuch der Flügel flatterte wild, war kurz vorm Zerfetzen, Stan griff das Ruder und zog es hoch, mal sehen, ob das Tuch tatsächlich reißen würde. Es hielt verwirrender Weise.
Die Fahrt ging schneller abwärts, direkt auf das Dorf zu, die Leute sahen ihn aus offenen Augen an, schon wieder dieser geisteskranke Techniker. Er lachte laut, ja, er flog! Er hatte es geschafft!
Die Flügel zerbarsten und der Pilotenkorb sauste weiter abwärts, donnerte in den Gartenteich des Präsidenten, der aufgrund der neuen fisch- und algenbesetzten Fassade auch weiterhin die skurrilste Wohnung haben würde.
Nach Luft holend und nass kroch Stan über den Rand der Teiches und lachte.
„Kontrollierte Bruchlandung!“, schrie er voller Freude. „Kontrollierte Bruchlandung!“
Ein paar leicht wütende Leute standen um ihn herum versammelt, er sah zu ihnen auf. Dann sah er, dass offenbar einige Schirme von Trümmerteilen eingerissen worden waren.
Einige Zeit lang geschah nichts, dann nahmen ihn ein paar Leute hoch, trugen ihn auf Händen – zum Dorfrand. In hohem Bogen wurde er hinausgeworfen, er solle nie mehr wieder kommen, genauso wie die letzten Male.
Voller Freude richtete er sich auf. Dann sah er es ... irgendjemand zündete aus Rache seine Werkstatt an. Nie wieder sollte dieser Irre sich und andere in Gefahr bringen. Stan sah, wie Flammen gen Himmel loderten. Er sprang auf, rannte ein paar Schritte in Richtung Werkstatt, machte auf der Stelle kehrt und rannte aus dem Dorf und einen Hügel hinauf.
Die Einwohner hatten nichts davon gewusst, dass er gerade ein wenig Feuerwerk gemischt hatte. Stan machte halt und sah in Richtung Dorf. Raketen schossen in den Himmel, Knallfrösche hüpften durch die Gassen, das Böllerlager ging mit einem Knall hoch und seine Werkstatt verteilte sich im ganzen Dorf.
Stan grinste, ein wunderschöner Anblick. Schade, dass sie nicht bis zur Nacht gewartet hatten.
Allerdings wurde ihm nun eins bewusst – wenn er das nächste Mal das Dorf betritt wird es massakriert. Er zuckte mit den Schultern, warum sollte er das Dorf betreten, seine Hütte verschwand gerade in einem Sturm von Blitzlichtern, in den Straßen rannten panisch Leute umher als würde das ganze Dorf niederbrennen, was es nicht tat, lediglich die Wunderkerzen waren durch die Explosion verstreut worden.
Stan legte sich hin, teils, um sich auszuruhen und die Aussicht zu genießen, teils, um nicht Opfer einer Rakete oder eines Bogenschützen zu werden. Er würde sich wohl eine neue Werkstatt aufbauen müssen, möglichst irgendwo, wo man ihn noch nicht kannte.
Stan lachte – ihn erwartete ein Abenteuer.
Stans Magen knurrte – heute würde das Essen ausfallen.

Guest

Post by Guest » Sat, 23. Jul 05, 12:25

Immer mit der Ruhe, ich bin ja schon da.

Heute:

Kapitel III.
Gemalte Wege

Savid blieb stockend auf dem Hang stehen und starrte mit offenem Mund auf die brennende Stadt hinunter. Schreie tönten bis zu ihm hinauf und die Farben der Häuser vermischten sich mit dem bunten Geblitze der explodierenden Feuerwerkskörper. Ein Fest – und ausgerechnet er, der es liebte zu tanzen, war nicht dort. Dass er das Tanzen liebte, hieß jedoch noch lange nicht, dass er es auch konnte. Auf einer Skala von Eins bis Acht wäre er sozusagen die Minus Vier, doch die Hauptsache für ihn mochte darin liegen es zumindest zu versuchen. Doch spätestens, wenn man im Buffet des Gastgebers landet, sollte man sich überlegen, ob es wirklich so eine gute Idee war, durch die Beine des Tanzpartners zu tauchen, um schließlich orientierungslos von ihm durch die Luft geschleudert zu werden. Savid hatte es sich bereits mehrfach überlegt.
Er begann den Hügel hinunter zu rennen und klatschte mit seinen schlichten Lederstiefeln elegant über das nasse Gras und wunderte sich, warum er plötzlich über eine Baumwurzel stolperte, die mitsamt ihres Stammes vor einigen Tagen sicherlich noch nicht an diesem Ort gestanden hatte. Ein Aufschrei, eine weiche Landung und überraschte Rufe – unversehrt rappelte sich der Mann auf und klopfte sich den Dreck von der Hose, blickte zum Boden.
„Danke für ’s auffangen.“, sagte er und betrachtete interessiert die Gestalt, die sich stöhnend aufsetzte und sich den Kopf rieb. „Kein Problem.“, murmelte der alte Mann und schaute Savid skeptisch an. „Scheinst wohl von weit her zu kommen.“, sagte er, „solche Kleidung habe ich seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen. Heutzutage gilt ja so was nicht mehr als zeitgemäß, wie die Leute sagen würden.“ Savid errötete und blickte auf sein schlichtes Flachshemd hinunter, dessen Kapuzenband, das eigentlich zum Festigen des Beutels am Nacken dienen sollte, durch ein Amulett mit hübschen Mustern ersetzt worden war. Dann sah er den alten Mann an, der in einem kariertem Hemd mit V-Ausschnitt steckte und eine blaue robuste Hose trug, die aussah wie Leinen.
„Wenn sie meinen“, sagte Savid aus Mitleid lächelnd, da er die Kleidung des Alten genauso amüsant fand wie dieser anscheinend seine. Dabei hatte er doch erst vor einigen Tagen dieses Hemd für teures Geld gekauft – verwirrter alter Kauz.
„Was ist denn dort unten los? Feiert der Müller Leon seine Hochzeit schon vor, oder wie?“, fragte er mit einem Blick auf die Stadt, die immer noch knallend vor sich hin zischte. Mit einem einfachen Schritt zur Seite wich er einer andonnernden Rakete aus, die, wäre das Schicksal ein fieser, minderjähriger Junge mit grünen Haaren, bestimmt in das Gesicht des Alten gekracht wäre und dabei zufällig seine Arme gebrochen hätte. Doch da das nicht der Fall war, da jeder damals schon wusste, dass das Schicksal durch die Gabel der Gänsehaut kontrolliert wurde, traf sie nur eine Grasnymphe, die kurz zuvor Savids Händen entwichen war und sich schon gefreut hatte, dass dieser Tag nicht ihr Todestag werden sollte.
„Müller Julian?“, fragt der alte Mann schulterzuckend. „Wer ist das?“
Savid lachte etwas unhöflich auf und fing sich schnell mit einem einbringenden Husten.
„Ihm gehört die Mühle in der Stadt, er ist eine der reichsten Personen Gorstas.“
Der Alte blickte Savid stumm an und legte den Kopf schief. In dieser Stellung sah er aus wie ein Maulwurf mit Sehschwäche, dachte sich Savid und freute sich über einen angeflogenen Grashalm, den er mit einer Hand auffing. Skeptisch stand der Alte auf und gab dem Jungen die Hand. „Mein Name ist Stan Sterling, ich bin erfolgreicher Erfinder und der Herr der Winde,“, sagte er freundlich, „mehr oder minder.“ Savid nickte und schüttelte kräftig Stans Hand, die plötzlich abfiel.
„Oh mein Gott“, stöhnte Stan und hielt sich mit der linken Hand seinen Armstumpf, „oh mein Gott!“ Panisch begann er im Kreis zu rennen. „Meine Hand, du hast meine Hand...“
Savid ließ erschrocken das Körperteil fallen und schrie auf.
„Gib sie mir wieder, ohne meine Prothese kann ich nicht vernünftig agieren, musst Du wissen.“ Stan bückte sich und schraubte sich wieder die künstliche Hand an den Stumpf. „Oh mein Gott ... warum ist sie locker?“ Savid sah verwirrt drein, der Alte holte zu einer Erklärung aus. „Da soll mir einer weiß machen, dass Schweine nicht beißen können.“ Dabei wackelte er mit seiner künstlichen Hand und begann herzlich zu lachen und schlug dabei rhythmisch auf seine Oberschenkel. Dabei verrenkte er sich sein Kreuz und sein Lachen verwandelte sich in ein Stöhnen. „Uh... Rheuma...“ Savid fing sich wieder und legte nun wie Stan vor ihm den Kopf auf die Schulter. „Ja... Schweine...“ Bei diesem Satz schoss ihm wieder sein Ahne auf dem Schwein in den Kopf. Beißende Menschen. Womöglich war Stan seinen Verwandten begegnet.
„Mein Name ist Savid Undnichtsweiter.“, erklärte er ihm und verbeugte sich.
„Und weiter?“
„Undnichtsweiter.“
„Du heißt also nur Savid? Schöner Name“, warf Stan ein.
„Savid Undnichtsweiter“, verbesserte Savid.
„Alles klar.“ Der Alte rückte seine Brille zurecht und fasste Savid plötzlich an die Brust – genauer gesagt an das Amulett. „Woher hast Du das?“ Seine Stimme begann zu zittern. Savid bekam Angst, der Alte könnte vor seinen Augen an Altersschwäche den Löffel abgeben, weshalb er zögernd einen Schritt zurück tat.
„Das gab es gratis... zu diesem Hemd.“
„Und Humor hast Du auch noch, köstlich, mein Junge, köstlich.“ Stan fummelte nervös an dem Talisman herum, drehte ihn und näherte sich dem Metall.
„Das ist er... das muss er sein...“ Er begann vor Freude herumzuhüpfen und zu tanzen. „Ich habe so lange nach ihm gesucht, das muss er sein. Gottchen, das Schicksal muss uns zusammengeführt haben. Das eine Ding, von dem mir ein Bauplan fehlt!“
Er sprang vor Freude in die Luft und griff wieder nach dem Amulett.
„Darf ich?“, fragte er mit überschlagender Stimmt. „Ja... Nein, halt, ich brauche es no...“ Ratsch. Stan riss es aus der Kapuze und hielt es an seine Brille. Er begann noch breiter zu lächeln.
„Junge, das ist es...“
„Ich bin zwanzig, also kein...“, protestierte Savid, der sich bewusst war, dass er aussah, als wäre er knapp fünf Jahre jünger, da er auch nicht besonders groß war, wurde aber sogleich von Stan unterbrochen, der ihm den Talisman in die Hand drückte.
„Na toll, jetzt haben sie es auch noch kaputt gemacht, danke“, ärgerte er sich.
„Halt es ans Auge. Mach schon, Junge, mach schon.“ Verwirrt über Stan schüttelte Savid den Kopf, hob jedoch schließlich sein Amulett an das rechte Auge und blickte hindurch. Erstaunt fiel ihm die Mundklappe auf. Das war kein Metall, das war irgendein Stoff, der durchsichtig wurde, wenn man ihn nah genug ans Auge hielt. Er war wie eine Brille, nur dass er anstatt etwas zu vergrößern etwas erkenntlich machte.
„Wow ...“, sagte er und traute seinen Augen nicht. Von Gorsta, zwischen den bunten Häusern und Feuerwerkskörpern hindurch erblickte er eine Straße, die eigentlich gar nicht existierte: Eine breite, lange gelbe Straße . Sie wand sich die Hügel hinter Gorsta hinauf und verschwand schließlich zwischen den Bäumen des Wäldchens Rot. Er senkte den Talisman und die Straße vor ihm verschwand, die alte Graslandschaft kam wieder zum Vorschein.
„Was war das?“, fragte er unsicher. „Magie?“
„In gewisser Weise ja“, sagte Stan langsam, um theatralisch Stimmung aufzubauen. „Das ist der Talisman der Erkenntnis. Eine Legende, ein Märchen, wie viele meinten. Er sollte vor Jahrzehnten verschwunden sein, als ein Magier namens Toto ihn beim Wetttrinken an einen Schneider verloren hatte. Aber ich habe immer an ihn geglaubt. Ich habe immer gewusst, dass er existiert. Er macht die gemalte Straße sichtbar. Diese soll zu einem Schatz führen – zu einem gigantischem Schatz. Zu einem Schatz, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat; mal abgesehen von dem senilen Kerl, der Zeit genug hatte einen Talisman, eine Straße und einen Schatz zusammenzuschustern. ‚Alles Schwachsinn’, sagen die Leute. Doch wenn es diesen Talisman und auch den Weg gibt, gibt es auch das Ziel. Man muss nur der langen Straße folgen. Und offenbar führt sie durch Gorsta.“ Er legte Savid eine Hand auf die Schulter und zeigte mit einer langsamen Handbewegung auf das weite Land vor ihnen. „Und geht noch viel weiter, bis sie schließlich beim Schatz endet. Bei Gott, es war wahrlich ein Wink des Schicksals, dass du dieses Amulett in die Hände bekommen hast.“
„Nein“, antwortete Savid, „es war ein Werbegeschenk.“
„Schicksal“, widersprach Stan. „Sag, hast du heute noch was vor? Nein? Hervorragend. Komm, wir gehen.“ Ohne Widerworte zu ermöglichen griff er Savid am Arm und zog ihn in Richtung Gorsta. Dann stockte er und dachte einen kurzen Moment lang nach. „Wir gehen außen rum ...“

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stefanski
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Post by stefanski » Sat, 23. Jul 05, 13:09

:thumb_up: erstklassig, weiter so ich will mehr

Grace of Death
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Post by Grace of Death » Sat, 23. Jul 05, 15:49

wow, hört sich gut an ! :)

will auch mehr !!! :D
Wer anderen ein Glashaus gräbt, fällt selbst hinein.

Wer mit Gruben wirft, der sollte nicht in Steinen sitzen.

:gruebel:

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Arget
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Post by Arget » Sat, 23. Jul 05, 19:09

Eins und zwei kannte ich schon, drei ist aber auch gut. :wink:
Mehr, aber zackig! Und wenn du keine Zeit hast, dann soll Snow schreiben! :wink:

Glück und Gesundheit!

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Samuel Creshal
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Post by Samuel Creshal » Sat, 23. Jul 05, 19:26

Meeehr!!!

Guest

Post by Guest » Sun, 24. Jul 05, 12:14

Neuer Tag, neues Kapitel. Lange halten wir das Tempo nicht mehr durch. ^^"
Leider wird hier einigen verborgen bleiben, wie Snow und ich Ashitaka parodieren, einen überaus ... alternativen Musiker.

Heute:

Kapitel IV.
Rotwaldgeschwader und die große Depression

Stan und Savid waren bald an Gorsta vorbei und wanderten in Richtung des Wäldchens Rot, in das die gemalte Straße führte. Es war kein Problem gewesen um Gorsta herum zu gehen, das Problem lag viel mehr darin, den Pfeilen und der anpreschenden Vergeltungskavallerie auszuweichen. Es schien ganz so als wolle man Stan lieber tot und begraben als lebendig und gefährlich sehen; er mochte nun wohl als vogelfrei gelten, womöglich war auch ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, es würde ihn nicht wundern, schließlich hatte er soeben passiv eine kleine Stadt in Schutt und Asche gelegt. Genau genommen hatte er natürlich keine Schuld, aber da drückten die Dorfbewohner noch einmal ein Auge zu. Irgendein Kopf musste rollen und seiner war rund.
Letztlich waren die beiden aber doch entkommen, teils durch rennen, teils durch verstecken, teils indem sie die Reiter von ihren Pferden schubsten, aufsprangen und verschwanden. Möglicherweise wäre die Reise schneller vorangegangen, wenn die Pferde – die wirklich dämlich sein mussten – nicht gegen die ersten Bäume des Waldes gerannt wären.
So mussten Savid und Stan, nachdem sie ihre Knochen wieder eingerenkt hatten, zu Fuß weitergehen; und das war beiden lieb, denn die Reiter von Gorsta legten ihren Pferden keine Sattel auf.
O-beinig schritten sie dahin, in die Tiefen des Waldes. Ab und zu wurde überprüft, wohin die gelbe Straße weiter geht, und ganz offensichtlich war der Verlauf ein wenig willkürlich, der Pfad machte weder davor halt durch einen See zu führen, noch scherte er sich um Liobäume, Eichen oder etwa Fallen.
Stan und Savid hatten eine solche Falle gefunden und schaukelten in einem recht kuscheligen Netz an einem Ast, gut drei Meter über dem Boden. Dies ließ nur einen einzigen Schluss übrig, der Erbauer der Falle musste ein Idiot gewesen sein. Nicht, weil die Falle in irgendeiner Form schlecht konstruiert war, er musste nur deshalb ein Idiot gewesen sein, weil Savid ihn als einen solchen beschimpfte, und das durchgehend.
Der Verdacht bestätigte sich, es war ein Idiot, genau genommen war es eine ganze Horde von Idioten. Es ist von niemandem als von den Goblins die Rede. Geifernd versammelten sich die kleinen Viecher am Boden des Waldes, ließen das Netz herabfallen. Savid und Stan standen nach dem Sturz auf, waren umzingelt.
Nun, was kann man über Goblins sagen? Sie sind äußerst dünne Wesen, nicht etwa, weil sie von Natur aus dünn wären, nein, sie sind einfach nur zu bescheuert etwas zu fressen zu finden. Von der Statur her recht gedrungen, mit breiten Schädeln und gelben Glubschaugen fürs Leben gebrandmarkt ziehen sie in Stämmen umher und versuchen irgendwie über die Runden zu kommen. Gut zwanzig der rauhäutigen dunklen Wesen hatten unsere Helden – na gut, sagen wir Hauptpersonen – umzingelt.
Die Goblins starrten ihren Fang an.
Der Fang starrte die Goblins an.
Die Goblins und der Fang starrten sich gegenseitig an.
„Habt ihr irgendetwas vor?“, fragte Stan.
Einer der Goblins lachte schrill auf, die anderen sahen ihn erst verwirrt an, brachen dann auch in Gelächter aus. Nicht, dass es einen Grund gäbe, weiß Gott nicht, aber lachen ist gesund und verlängert die Lebenszeit, nicht zuletzt deshalb war dieser Stamm noch nicht ausgestorben.
„Können wir gehen?“, fragte Stan skeptisch.
Die Goblins begannen zu tanzen.
„Ja, wir können gehen“, stellte Stan fest und machte einen Schritt vorwärts. Womöglich hätte er das nicht tun sollen, die kleinen Wesen reagierten äußerst erzürnt, zogen ihre Lanzen; eine normale Waffe für die feigen Goblins. Sie bevorzugten es ihre Feinde aus möglichst großer Entfernung zu befürchten, man erzählt sich von einem zwanzig Meter langen Speer, den einer von ihnen einst getragen haben soll, bis er unter dem Gewicht verreckte. Tragische Geschichte, so wie die gesamte Goblin-Gesellschaft an sich.
„Hö?“, fragte Stan.
„Höhö“, lachte der Goblinhäuptling, der den kurzen, aber witzigen Namen Ashi trug und klopfte sich auf den Schenkel. Die Goblins benannten sich nach ganz einfachen Regeln, sie trugen schlicht Goblin-Wörter als Namen; jeder Linguist und jeder, der jemals das zweiseitige Wörterbuch der Goblins gelesen hatte, verstand die Namen problemlos. So mochte Ashi der Bedeutung von Mainstream entsprechen.
„Ist was?“, fragte Stan.
„Ihr seid Gefangene!“, rief ein Goblin. „Wir sind Rot ... äh ... der ...“
Er grübelte. Ha, Scherz, natürlich nicht. „Wir sind Rotwaldgeschwader“, las er schließlich von seiner Hand ab. „Ihr seid Gefangene, werden abgezogen, gekocht, gegessen.“
„Ähm ...“, mischte sich Stan ein. „Ist euch bewusst, dass ihr etwa achtzig Zentimeter groß seid?“
„Wir ... Speere!“, rief ein Goblin.
„Ihr haltet sie verkehrt herum“, erklärte Stan.
Die Goblins drehten die Speere um. Gut, jetzt zielten sie mit Stümpfen auf die Gefangenen. Stan und Savid griffen sich je einen, waren nun bewaffnet. Die Goblins ließen alles fallen und rannten kreischend davon. Sie trauten sich nicht zu gegen bewaffnete Wesen zu kämpfen; intellektuelle Bewaffnung zu erkennen war ihnen leider vorbehalten.
Stan ließ seinen Speer fallen, ebenso Savid.
„Was war das?“, fragte Savid und dachte über das Geschehene nach.
„Ich weiß es nicht“, sagte Stan und ließ die verquere Geschichte Revue passieren. „Ich werde es nicht in mein Tagebuch schreiben“, sagte er schließlich im Willen die Sache zu vergessen.
„Du hast ein Tagebuch?“, fragte Savid.
„Nein. Ein weiterer Grund es nicht hineinzuschreiben.“
Savid nickte. Betroffen gingen die beiden weiter den gelben Pfad entlang, tiefer in den Wald hinein. Die Goblins legten die Falle später am Abend erneut aus und warteten. Sie warteten lange. Und wenn sie nicht gestorben sind – was anzunehmen ist –, dann warten sie noch heute.

Der gemalte Weg schien auch weiterhin keinen besonderen Regeln zu folgen. Man mochte meinen ein riesiger betrunkener Arzt hätte seine Unterschrift als Straße auf die Weltkarte gezeichnet. Hier ein Bogen, da eine Kurve, auch vor Loopings blieben die beiden nicht verschont. Witzig wurde es, wenn die Straße eine steile Wand hinauf fuhr oder sich soweit verengte, dass man ihr wie einem Faden folgen musste. Alles in allem war es todlangweilig. Savid hatte schon mehrere Pilze am Wegesrand gesehen und Selbstmord in Betracht gezogen, doch wirklich spannender würde es dadurch auch nicht werden.
So zogen sie weiter und gelangten schließlich an eine Lichtung. Es war eine außergewöhnliche Lichtung, eine heilige Lichtung, eine göttliche Lichtung, eine ... nein, eigentlich war alles ganz normal, abgesehen von den Engelserscheinungen und den heiligen Steinen hier und da.
In der Mitte der Lichtung befand sich eine riesige Eiche. Wirklich riesig; und alt. Man munkelt sie stände dort seit Anbeginn der Zeit und wache über die Welt. Doch wohl am Außergewöhnlichsten war die Tatsache, dass man klar ein Gesicht in den Konturen der Rinde erkennen konnte.
„Was ist das?“, fragte Savid erstaunt.
„Das“, sagte Stan, „ist die große Depression.“
„Buhuuu ...“, sagte der Baum.
„Bitte was?“, fragte Savid.
„So lautet der Name der Eiche“, erklärte Stan. „Die große Depression.“
„Life sucks“, sagte die Eiche.
„Und warum ist die Eiche depressiv?“, wunderte sich Savid.
„Ganz einfach“, mischte sich die große Depression ein. „Ich stehe hier seit Anbeginn der Zeit mit einer potthässlichen Fresse inmitten von pseudofröhlichen Engeln und alle halb Jahr wuselt ein Held in meinen Innereien herum, während ich durchgehend von Tauben bombardiert werde.“
„Das ist traurig“, sagte Savid.
„Wollt ihr in meinen Innereien herumwuseln?“, fragte die große Depression.
„Eigentlich nicht“, sagte Savid.
„Warum nicht?“, fragte die Eiche.
„Du sagtest doch du würdest es nicht mögen?“, wunderte sich Savid.
„Ach komm schon ...“, maulte der Baum. „Wo ihr schon mal hier seid ...“
Savid stolperte zurück, Stan zuckte mit den Schultern.
„Ich meine, eigentlich ist es ganz angenehm, wenn ein muskulöser, gutaussehender Held in meinem Inneren ... hey, wartet! Wo rennt ihr hin? Verdammt ... Buhuuu ...“

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Samuel Creshal
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Post by Samuel Creshal » Sun, 24. Jul 05, 13:03

:rofl: Die Geschichte einfach nur geil... meeehr!

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Arget
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Post by Arget » Sun, 24. Jul 05, 13:50

Cresh hat vollkommen recht. GENAIL! :D

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stefanski
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Post by stefanski » Sun, 24. Jul 05, 15:01

:rofl: weiter so ihr zwei, aber lasst euch von uns nicht unter druck setzen

Snowsorrow
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Post by Snowsorrow » Sun, 24. Jul 05, 16:28

So, hier bin ich, der Mitkritzler an diesem kreativen Dünnshit =D
Zusammen sind wir
.ashitaka wrote:hochnäsige Künstlerkinder die im Duo nach Komplettierung streben
.

Freut mich, das hier so reges Interesse an SwU herrscht. Neuer Stoff kommt sicherlich bald ;)

Guest

Post by Guest » Tue, 26. Jul 05, 14:13

Genties and Ladymen!
I´m proud to present ya da todays chapter:

Kapitel V.
Und was ist mit Tee?

Savid rannte mit Stan im Schlepptau vor der großen Depression weg. Alleine schon aus dem Grunde, dass es ihm immer gut ging und er deshalb Ärger und Wehmütigkeit nicht ausstehen konnte. Denn wenn es ihm mal nicht so gut ging, machte er sich das Leben schön. Und wenn das nicht klappte, redete er sich das Leben schön. Und Gott bewahre, Savid konnte verdammt viel und ohne auch nur einmal Luft zu holen reden, wenn man ihn nicht rechtzeitig niederschlug.
„Was soll das?“, keuchte Stan und riss sich aus Savids Griff, wobei nun zum zweiten Mal an diesem lustigen Tage dessen Hand abfiel. Während er sie aufsammelte blickte er zu dem nun gelassenen Jungen hinauf, der spielerisch den Talisman mit den Fingern hoch schnipste und in der Luft wieder auffing.
„Pass bloß auf, das Du ihn nicht verlierst, Junge“, sagte er, stand auf und dehnte sich ausgiebig, indem die Hände an die Hüfte legte und sich vorsichtig nach Hinten beugte und dabei versehentlich einer vorbeirauschenden Kugel auswich. Savid steckte das münzähnliche Amulett zurück in seine Hosentasche und sah dem Schützen nach, der sich hinter ein Gebüsch stürzte. „Feuer frei!“, rief eine piepsige Stimme und einige Goblins sprangen hervor, bewaffnet mit den fiesesten aller Waffen, die die Menschheit in ihrer törichten Naivität erfunden hatte, um den Kampf zu üben, ohne zu bedenken, welche Macht sie den Goblins damit verliehen.
„Lauf Savid!“, befahl Stan mit aufgerissenem Mund und packte nun den Jungen an der Hand, begann loszustiefeln, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
„Was ist das?“, rief er und blickte zurück, sah, wie die gesamte Meute mit erhobenen Händen und bemalten Gesichtern auf sie zustürmte. Der Häuptling Ashi lief mit einem buntem Stirnband aus zusammengeflechteten Schuhbändern, die symbolisch für Ehre, Mut und schlechten Geschmack standen, er stieß brüllend seine Hände in die Höhe. Eine Wasserbombe klatschte knapp neben ihm auf das Gras. Stan zerrte Savid stärker hinter sich her und drehte sich wieder um, um nicht zu stolpern und den tödlichen Foltermethoden der Goblins ausgeliefert zu sein.
„Wir rennen vor Wasserbomben weg? Ich bitte dich, Goblins sind doch wie Schnittlauch: Außen grün, innen Hohl in sie treten immer in Bündeln auf. Wo ist da die Gefahr?“
Stan blieb ruckartig stehen, da die große Depression ihnen stöhnend den Weg versperrte. Er packte Savid unsanft am Kinn und drehte es den Goblins zu.
„Nicht vor den Wasserbomben – sondern vor den Feuerwerkskörpern.“
In der Tat, Ashi wirbelte zwei Raketen in der Luft herum, die kurz zuvor aus heiterem Himmel in sein Baumhaus gekracht waren und dabei sein fischfreies Goldfischglas zerschmettert hatten. Zwar schmeckten diese Dinger schrecklich, doch waren sie steif genug um sie als gefährliche Nahkampfwaffe zu benutzen – gefährlich für Ashi in dessen Händen.
„Oooh... kommt doch hinein...“, stöhne der Baum und offenbarte eine schmale Öffnung in die Innereien der Depression.
„Los!“, befahl Stan und schubste den verwirrten Savid in den Baum hinein. All das lief für seinen Geschmack viel zu hastig ab. Der Alte sprang hinterher und schon verschloss sich der Eingang wieder, kurz bevor neun Wasserbomben an die Rinde klatschten.
„Mist“, fluchte Ashi und warf beleidigt die Rakete auf den Boden. Sein Abendessen war ihm wieder entwischt. Dabei sprühte ein kleiner Funke auf, da der Stein, auf dem das Objekt gelandet war, den Schlag der Rakete nicht ohne Konter ließ und entzündete dabei die Lunte des Feuerwerkkörpers. Erstaunt und begeistert umkreisten die Goblins die leuchtende Rakete, bis sie schließlich pfeifend in den Himmel schoss, geradewegs in das rechte Nasenloch des Baumes.

„Ähm,“, murmelte Savid, während er interessiert durch den Raum blickte, „das ist also ein Baum, ja?“ Seine Hand erhob sich und deutete auf die lange Halle, in deren Mitte ein gigantischer Tisch stand. Er war genauso lang wie die Halle und endete außerhalb ihrer Sicht. Stan, der seine Nasenspitze ohnehin nur undeutlich am Horizont sah, kam dies keinesfalls seltsam vor.
„Ja, klar. Schau, er hat sogar Tee zubereitet.“
Lächelnd setzte er sich an einen freien Stuhl am Tischende und betrachtete die Teekannen, die hüpfend angeeilt kamen. Die gesamte Tafel setzte sich in Bewegung und die Tassen, Kännchen und Zuckerschälchen tanzten auf Stan zu. Würden sie nicht ebenso gelb wie die Tischdecke sein, würde man meinen, dass Ameisen versuchen würden den Tisch in ihren Besitz zu bringen, um ohne größeren Sinn gleich auf den nächsten zu klettern.
„Danke, zwei Stückchen genügen“, bedankte sich Stan bei einem Schälchen, das piepsend im Kreis zu hüpfen begann. „Und wie kommen wir hier wieder raus?“, fragte Savid und hob die Augenbraue, während er den Blick durch den Raum schweifen ließ. Der Baum war innen erstaunlich geräumig, viel geräumiger als seine einstige Hütte und der Baum, in dem er letzte Woche steckte, als er vergeblich versuchte, eine Katze von einem Ast zu holen, die sich später jedoch als tollwütiger Pandabär entpuppte. Einige Meter über ihm wölbte sich die Decke. Tantrische Skulpturen grinsten ihm entgegen. Nackte Männer tänzelten um Bäume mit Gesichtern herum und sahen aus, als würden sie das wegen den Messern in ihren Rücken machen.
Angeekelt, aber doch beeindruckt von diesen erstaunlich echt wirkenden Bilder fuhr Savid an den Rillen eines Baumes entlang. „Oooh... jaaa...“, fuhr die Stimme der großen Depression durch die Halle und ließ Savid zusammenzucken. „Mach weiter, Junge, mach weiter.“
Savid stolperte panisch zu Stan und schüttelte ihn unnachgiebig. “Müssen raus. Sofort.“
„Setz dich erst einmal hin und trink einen Tee.“ Er drückte Savid auf den freien Stuhl neben ihm. Sofort eilten drei Teekannen herbei und schütteten ihm ein Tässchen voll. Zögernd nahm Savid die Tasse und schnüffelte daran. „Würde mich nicht wundern, wenn der Tee aus körpereigenen Flüssigkeiten bestehen würde. Riechen tut er ja schon mal so.“
Er nahm einen kleinen Schluck.
“Und schmecken auch.“
Er brach auf den Boden und ließ den Becher fallen. Empört sprangen die Kännchen auf und spuckten ihn mit brühendem Tee ins Gesicht.
„Ah, lasst das!“ Er sprang von seinem Platz auf und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Stan schüttelte über diese Hektik den Kopf und schlürfte nun auch an seinem Tee. Kurz darauf stand auch er spuckend neben Savid, während eine weitere Tasse zu Bruch ging und die Kannen noch verärgerter herumsprangen.
„Das ist ja sagenhaft hier“, meckerte der Alte. Nachgefüllte Porzellantassen sprangen vom Tisch und umzingelten die beiden. Die Kannen lachten schrill auf und ließen ihre Deckel klappern. „Trinkt doch noch was“, sangen die Kannen und drängten mit ihren Tassen und Schüsselfreunden Stan und Savid an die Wand, was den Baum zum Freuen veranlasste.
„Nein, danke“, lächelte Stan und versuchte an den bösen Tassen vorbeizukommen, doch die über fünfzig kleinen, wuseligen kleinen Viecher waren wie ein Feld voller Hundeminen, die nur darauf warteten bestiegen zu werden.
„Und was ist mit Tee?“, fragte eine Tasse an Savid hochspringend, der sofort mit seinem Stock nach ihr schlug und sie einige Meter weit fortkatapultierte.
„Weg hier“, schrieen beide gleichzeitig und sprangen geschmeidig wie ein Wäschesack über die Tassen hinweg. Wäre das Stagediving schon erfunden worden, wären sie sicherlich nicht zur Seite gehechtet und hätten unseren beiden Protagonisten den Weg zur Flucht bereitet. Doch so kam es, dass sie den aufdringlichen Porzellantassen und Kannen entflohen waren – zumindest für zweieinhalb Sekunden, in denen vier Kilometer entfernt ein Präsident begann eingetrocknete Fische an seiner Hausmauer zu bemalen. Da sprangen die Kännchen auf den Tisch vor ihnen und versperrten ihnen zwar nicht den Weg, da freilich links und rechts daneben ein schmaler Gang frei war, doch ihre Pyramide zog sie vollkommen in ihren Bann.
„Ich bin das Kännchen des Todes“, rief eine Teekanne.
„Ich bin das Kännchen des Hasses“, rief eine andere.
„Und ich bin das Kännchen der Dunkelheit“, rief wiederum eine andere.
„Ich bin das Kännchen des Verderbens“, rief eine weitere Teekanne.
„Ich bin das Kännchen des plüschig-flauschigen Kätzchens“, rief die mit Alkohol.
„Ich bin das Kännchen des Leides“, rief eine andere.
„Ich bin das Kännchen der Verachtung“, rief die größte.
„Und ich bin rosa“, tönte die letzte. Die anderen würden sie später massakrieren.
„Meine Name ist Stan und ich...“, begann der Alte und nickte Savid zu, „... bin weg.“
Mit diesen Worten rannten die beiden Hauptpersonen an beiden Seiten des Tisches entlang davon. Sie mussten sich nicht einmal umdrehen um festzustellen, dass die Kannen transformierten und zu einer ultrabösen Pussycat wurden, da ein unglaublich lautes Miauen den Baum durchfuhr. Die Katze jagte den beiden über den Tisch nach, die Tassen und Schälchen teilten sich nach einem Chaos, das Stan und Savid einen Vorsprung von dreihundert Metern verlieh, auf beide Seiten auf.
„Wohin laufen wir?“, keuchte Savid, während er versuchte sein Tempo zu halten, was ihm durch die Porzellankatze im Nacken nicht gerade schwer fiel; sie hatte Motivationscharakter.
„Nicht laufen – rennen“, sagte Stan. Das Alter machte sich langsam bemerkbar. In einer Geschichte voller Klischees und Standartelemente würde Stan jetzt eine Tür entdecken, Savid packen, über den Tisch zerren und erfolgreich entkommen ... ja ... warum auch nicht.
Die beiden fanden sich in einem engen Raum wieder. Savid zuckte zusammen, als ein Klirren an der verschlossenen Tür zu vernehmen war.
„Ich schätze, wir sind entkommen...“, sagte Stan und sah sich um. „Zumindest für’s erste.“
Kichern. Savid schrie auf und klammerte sich an Stan.
„Lass bitte los“, sagte er und schubste Savid von sich weg, blickte auf eine Wand, die wie in der großen Halle einen Baum mit Gesicht zeigte, doch hier bewegte er sich elegant und schien zu lachen.
„Wie ich sehe hat mein Schlaftrunk nicht gewirkt“, murmelte die enttäuschte Stimme. „Ich habe mich schon so sehr auf eine neue Dekoration gefreut, aber euch schmeckte ja mein leckerer Tee nicht.“
„Dekoration?“, fragte Stan und kratzte sich am Kopf. Wollte dieser Baum etwa seine Brille haben? In Savid schlug die Erkenntnis in den Kopf wie der Feuerwerkskörper in die Nase des Baumes ein. Und das im selben Moment. Temporale Anomalie oder Kunstgriff.
„Der will uns nackt sehen, an seinen Wänden... Hilfe!“
Wie auf Kommando schossen aus der Wand Ranken, die Savid und Stan, die hilflos nach Halt suchten, erfassten. Stan packte in seiner Verzweiflung nach einer Art Lampe, die von der Decke hing und riss das Objekt an sich.
„Oooh... das tut gut... ihr seht muskulös und stark aus... solche Männer wie euch hatte ich schon lange nicht mehr...“
Gierig pressten die Ranken die beiden an die Wand.
“Werden wir jetzt sterben?“, weinte Savid vor sich hin, „oder wird uns der irre Baum erklären, aus was der Tee bestand?“
Stan schüttelte den Kopf, sofern es ihm seine Situation zumindest erlaubte.
„Ich weiß nicht. Ich denke...“
Bei dieses Worten war nur ein gigantisches Niesen zu hören, das alles im Baum übertönte. Es übertönte sogar die Explosion des Feuerwerkkörpers vor einigen Sekunden, tief im Inneren des Nasenhöhle des großen Depression. Der Druck presste die beiden Hauptpersonen wie einen Korken aus der Wand, die eigentlich eine Nasenwand war, und sie schwebten unsanft auf den Rasen vor dem Baum. Ein enttäuschtes Stöhnen war das letzte Geschenk des Baumes, bevor er sich depressiv in sich zurückzog.

Die beiden rappelten sich auf und kontrollierten, ob noch alle Körperteile an der normalen Stelle waren. Alles passte. Der Alte steckte das Objekt aus dem Baum in die Jacke und erhaschte noch einen Blick auf die Goblins, die wegen der Explosion in den Wald verschwanden. Doch Ashis Beharrlichkeit nach seiner Beute würde ihn sicherlich noch einmal zu unseren beiden Männern führen.
„Entschuldige, wegen mir hast Du jetzt sicherlich eine Kannenphobie“, seufzte Stan und legte Savid beherzt eine Hand auf die Schulter.
„Das ist keine Phobie, die wollen mich umbringen.“

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Samuel Creshal
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Post by Samuel Creshal » Tue, 26. Jul 05, 15:08

Ich bitte dich, Goblins sind doch wie Schnittlauch: Außen grün, innen Hohl in sie treten immer in Bündeln auf.
:lol:
In einer Geschichte voller Klischees und Standartelemente würde Stan jetzt eine Tür entdecken, Savid packen, über den Tisch zerren und erfolgreich entkommen ... ja ... warum auch nicht.
:rofl:

Meeeeehr! :D

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stefanski
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Post by stefanski » Tue, 26. Jul 05, 22:37

:rofl: :rofl: :rofl:

mehr :!:

sagte ich dass ihr euch nicht unter druck setzen sollt? vergesst es, mehr so schnell wie möglich

Guest

Post by Guest » Thu, 28. Jul 05, 00:20

Gestern/Heute, je nach Zeitzone:

Kapitel VI.
Ernährungswissenschaft

Und weiter ging die Reise der beiden, immer tiefer in den Wald, womöglich schon in Richtung Ausgang, immer weiter schritten sie den gelben Pfad entlang. Unaufhörlich tickte die Uhr, die keiner von beiden hatte, und langsam begann die Abenddämmerung. Es wurde Nacht im Wäldchen Rot, das sich derweil mehr als monströser Dschungel denn als kleines ‚Wäldchen’ herausgestellt hatte. Die Sonne traf auf den Horizont, würde bald dahinter versinken, das Zirpen erster Grillen war zu vernehmen, der Wind raschelte sanft im Blattwerk der Bäume. Solange man durch den Talisman sah, konnte man klar den gelben Weg erkennen, der nicht den Gesetzen von Licht und Schatten zu folgen schien, im Gegenteil, auch bei Nacht sollte er ihnen offenbar den Weg weisen. Bald war die Sonne versunken, bald warfen Sterne und Mond sanftes, doch gefährliche erscheinendes Licht, das nur flatterhaft durch die Blätter schien und die Umgebung lediglich in fadenscheinigen Konturen sichtbar werden ließ, von denen man nicht sagen konnte, ob sie mehr der Realität oder der Phantasie entsprangen.
„Wir sollten wohl eine Rast einlegen“, schlug Savid schließlich vor. Seine Füße hätten wohl geschmerzt, wenn er sie noch hätte fühlen können.
„Wohl wahr“, stimmte Stan ein, der sich die letzte Stunde lang mit einer Hand an Savid hatte festhalten müssen, um nicht abhanden zu kommen. Die beiden setzten sich mitten auf der Straße hin. Es war nicht zu erwarten, dass hier jemand vorbeikommt, zumal sie die einzigen waren, die den Pfad sehen konnten.
Die Grillen waren längst verstummt, nur noch der sanfte Wind verursachte hier und da ein Rauschen. In absoluter Stille saßen die beiden da und zogen ihre Schuhe aus. Erheblicher Mief stieg in die Luft auf und einige schlafende Tiere verreckten spontan. Mit einem simplen Pochen prallte eine Eule auf dem Boden auf und wirbelte einige Blätter hoch. Ein dunkles Brummen hallte wieder, Savid sah sich erschrocken um, was war das? Ein Schritt, gefolgt von einem Tierlaut? Hatte er da nicht irgendeinen Schatten gesehen?
„Ein Bär?“, fragte er an Stan gewandt.
„Fast“, sagte der. „Mein Magen.“
Und auch Savid konnte nicht leugnen, dass er Hunger hatte; seine letzte Mahlzeit war mitsamt seiner Behausung niedergebrannt.
„Du weißt nicht zufällig, wie man hier etwas zu essen findet?“, fragte Savid hoffnungsvoll.
„Ich habe auf dem Weg jede Menge Beeren gesehen, aber die kann man nur ein einziges Mal zu sich nehmen, dann nie wieder.“
„Magie?“, wunderte sich Savid.
„Nein, Gift.“
Beide ließen den Kopf sinken.
„Ich glaube ich könnte in wenigen Minuten ein Dutzend Giftampullen herstellen, aber zu essen ...“, bedauerte Stan. „Wir werden wohl warten müssen, bis etwas vorbeikommt.“
„Gute Idee“, sagte Savid. „Und falls es zu lange dauert weiß ich jetzt ja, wie ich mich im Notfall umbringen kann. Hervorragend.“
Stan rollte mit den Augen, so wenig es ihm in der Dunkelheit auch nutzen mochte, und legte sich dann zum Schlafen hin.
„Vielleicht sollten wir ... etwas suchen?“, schlug Savid vor.
Stan wog den Vor- und Nachteile ab; genial. „Okay.“ Er sprang wieder auf die Beine und war bereit zum weiteren Wandern. „In Richtung des Weges oder Querfeldein?“
„Ich weiß nicht ...“, murmelte Savid. „Möglichst zu irgendwelchen Menschen ... hier muss doch irgendwer leben.“
„Wohl kaum“, widersprach Stan. „Hier wird niemals irgendjemand ...“
Es klingelte. „Da drüben“, korrigierte er sich.
Schon nach wenigen Schritten durch das Gebüsch waren sie auf einem festen Gehweg angelangt. Ein Mann zündete seine Fackel an und stellte sich an eine Hauswand; die antike Version des automatisch anspringenden Lichts. Auch damals hat es nichts gebracht.
Erst jetzt, wo es einigermaßen hell war, stellten unsere Reisenden fest, dass sie offenbar eine halbe Stunde lang durch eine Allee gelatscht waren.
Es klingelte erneut, im Flackerlicht der Fackel ließ sich jemand erkennen, der kurz darauf durch eine geöffnete Tür verschwand. ‚Zum glücklichen Schlachtvieh’ stand über der Tür geschrieben, es handelte sich wohl um eine Taverne.
Ohne weitere Gedanken oder Absprache spurteten beide los und stellten fest, dass sie nicht zugleich durch die Tür passten. Nach kurzer Rangelei bewies Stan seine Überlegenheit, schließlich schafften es beide hinein und sprangen an einen der Tische.
Der Ober sah sie von hinter der Theke aus verwirrt an. Nur einige Betrunkene saßen noch an den Tischen und inmitten des Schlachtfeldes hockten ein Pyrotechniker und ein Retrofreak, zumindest der Kleidung nach.
„Was darf´s sein?“, fragte der Wirt etwas überrascht.
Stan und Savid sahen einen Moment lang nachdenklich drein. „Alles.“
„Alles?“
„Alles.“
Des Wirtes Augen weiteten sich und seine Mundwinkel verzogen sich nach oben.
„Und für mich einen O-Saft“, fügte Stan hinzu.
Der Wirt wollte schon mit seinem Werk beginnen, da sah er sich die beiden noch mal an. Sie wirkten nicht reich.
„Habt ihr Geld?“, fragte er.
„Können wir anschreiben lassen?“, fragte Savid.
Und dann saßen sie wieder auf der Straße. Niedergeschlagen gingen sie die Häuser entlang. Der automatische Fackelträger entzündete sein Licht. Ein Mülleimer wurde sichtbar. Savid blieb stehen. Stan blieb stehen. Der Mülleimer nicht.
Die beiden durchwühlten, was sie da über die Straße ergossen hatten. Neumodischer Verpackungsmüll, Apfelreste, Bananenschalen und eine Prise Salz, mehr war nicht zu finden.
„Ich brauche etwas zu essen“, stöhnte Savid. „Sonst drehe ich durch!“
„Tun wir so als wären wir schon durchgedreht und überfallen irgendwen?“, schlug Stan vor.
„Den Wirt?“ – „Den Wirt.“
Der automatische Fackelträger hüstelte sich. Stan und Savid verschwanden schnell in den Schatten, kampierten dann vor der Tür des Wirtshauses.
„Ein ganz einfacher Plan“, erklärte Savid. „Wir treten die Tür auf, stürmen vor und sagen ‚Das ist ein Überfall! Alles Essen her!’. Dann nehmen wir es und gehen.“
Stan nickte. Sie traten die Tür auf, stürmten vor und schrien „Das ist ein Überfall! Alles Essen her!“. Dann gingen sie, allerdings ohne Essen und mit Gewehr im Rücken.
Doch noch war es nicht vorbei. Sie schlichen sich um das Gebäude, brachen mit einem Dietrich innerhalb weniger Minuten das Schloss der Hintertür auf und blickten direkt auf die andere Straßenseite. Falsche Tür.
Nachdem sie die Richtige geknackt hatten blickten sie in den Lauf eines Gewehres. Wohl auch die falsche Tür.
Sie kletterten auf das Dach und versuchten sich etwas durch den Schornstein zu angeln, doch im Gegensatz zu Max & Moritz erwischten die beiden lediglich ein paar glühende Kohlen. Zumindest hatten die beiden es schön warm.
Niedergeschlagen kletterten sie wieder hinunter und setzten sich auf den Gehweg. Ihre Füße schmerzten, ihre Mägen knurrten und langsam verspürten sie auch wieder einen Drang zu Körperhygiene.
All dies gab Savid lauthals in einer Rede preis und schon bald öffneten sich die Fenster der freundlichen Anwohner, teils, um die beiden aus purem Interesse zu fragen, ob sie den wüssten wie spät es ist, teils, um mit Tomaten auf sie zu werfen. Zuerst wichen die beiden aus, entschuldigten sich, doch schließlich machte es Klick, sie begannen laut zu singen, krächzten durch die Straßen, antworteten auf die Frage wie spät es sei, dass es Zeit zum Aufstehen ist und riefen laut, dass sie die drei Musketiere wären.
Die Anwohner waren erzürnt, warfen weiter mit Tomaten, schließlich auch mit Gurken und Kartoffeln, und je mehr sie warfen, desto mehr hatten die Störenfriede zu essen. Nachdem sie sich voll bepackt hatten zogen sie mit dem Zeug in den Stadtpark, legten die Kartoffeln auf einige der gefischten glühenden Kohlen, schnitten sich Tomaten und Gurken zurecht, würzten sie mit einer Prise Salz aus dem Mülleimer.
Letztlich hatten sie es vollbracht, das Essen war zubereitet und sie servierten es sich selbst auf dem Holzdeckel eines Wasserfasses. „Guten Appetit“, wünschten sie sich gegenseitig und betrachteten mit wässrigem Mund die Speisen. Sie schlossen kurz die Augen, bereiteten sich mental auf den Genuss vor, und als sie dann zuschlagen wollten saß ein kleiner vollgefressener Goblin auf dem Fass.
Letztlich hatte Ashi seine Mahlzeit bekommen.
Savid und Stan blieben noch spontan ein paar Stunden wie angewurzelt stehen und starrten das leere Tablett an bis langsam wieder die Sonne aufging.
„Das ist nicht fair“, schluchzte Savid.
„Ziemlich hart“, stimmte Stan zu, fasste in seine Hosentasche und holte zwei in Papier eingewickelte Sandwiches hervor. „Eigentlich sollten wir sie nicht essen ...“, sagte er. „Es sind Erbstücke. Mein Urgroßvater hat damals einen Kochwettbewerb damit gewonnen.“
Savid nickte. „Warum sind die noch nicht verfault?“
„Ich hatte sie in Salzlake eingelegt.“
Und sie begannen mit schmerzverzerrten Gesichtern zu essen.
Der Geschmack erinnerte Savid an jene Sandwiches, die in seiner Jugend einen Preis gewonnen hatten. Zu der Zeit waren sie aber noch nicht so salzig gewesen.
Letztlich hatten die beiden fürs Erste genug gegessen um zu überleben. Die Reise ging weiter.

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stefanski
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Post by stefanski » Thu, 28. Jul 05, 00:46

[ external image ] :rofl: [ external image ]


macht weiter, das ist echt genial

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Samuel Creshal
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Post by Samuel Creshal » Thu, 28. Jul 05, 10:38

:rofl: In Salzlake eingelegte Brote... auch nicht schlecht :rofl:

Grace of Death
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Post by Grace of Death » Thu, 28. Jul 05, 20:48

hehe...

lass mich mal die negativen und die positiven aspekte der geschichte zusammenfassen : genial ! :rofl:
Wer anderen ein Glashaus gräbt, fällt selbst hinein.

Wer mit Gruben wirft, der sollte nicht in Steinen sitzen.

:gruebel:

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